Pasinger Kabarettabend Pasinger Kabarettabend

Unsere

Historie

Die Historie eines der letzten in München verbliebenen Stadtteilvolksfeste – unserer Vorwiesn – lässt sich nicht ganz so einfach zurückverfolgen, da es keinen spezifischen Anlass dafür zu geben schien.

Im Gegensatz zum Oktoberfest, dem Frühlingsfest und den Auer Dulten handelt es sich hier im Münchner Westen mittlerweile um ein eher kleines aber feines familienfreundliches und in seinen räumlichen Ausmaßen überschaubares Stadtteilvolksfest. Es wurde im Laufe seiner bis dato recherchierbaren Historie beispielsweise als “Pasinger Volksfest”, als “Würmgau-Fest” und schließlich als “Pasinger Vorwiesn” bezeichnet. Die Ausmaße, die es zwischen der Jahrhundertwende und der Zeit des Nationalsozialismus hatte, sind längst nicht mehr die gleichen. Die Organisation wird mittlerweile ausschließlich ehrenamtlich gestemmt und nicht wie in den Anfängen durch öffentliche Hand. Der “Wiesnrat” der Arbeitsgemeinschaft der Pasinger Vereine e.V. ist seit 2005 für die Organisation und Durchführung zuständig.

Auch ein Wechsel zwischen verschiedenen Festplätzen findet mittlerweile nicht mehr statt: Dank der großzügigen “Leihgabe” des Festplatzes auf der Wiese an der Silberdistelstraße neben dem Max-Planck-Gymnasium kann die Vorwiesn seit 2005 stets dort stattfinden. Die früheren Veranstaltungsorte wurden im Laufe der Zeit im Zuge der Stadtentwicklung und Nachverdichtung bereits überbaut.

1898

Pasinger Volksfeste Ende des 19. Jahrhunderts

Erste Nachweise über ein Pasinger Volksfest liefert ein Poststempel auf einer Postkarte mit der Aufschrift “Gruß vom Pasinger Volksfest” aus dem Jahr 1898. Es ist anzunehmen, dass es jedoch schon viel früher Volksfeste in Pasing gab. Ob diese beispielsweise mit der Anbindung an die Eisenbahnstrecke 1840 ff. in Zusammenhang stehen, könnte durchaus vermutet werden. Aus dem Jahr 1900 findet sich in der Zeitung “Würmtal-Bote” folgender Hinweis: “Als am ersten Sonntag des diesjährigen Pasinger Volksfestes verschiedene Gaststätten Hochbetrieb aufzuweisen hatten …” (Möllmann 2016).

1904 - 1908

Anfang 20. Jahrhundert

Das nebenstehende Motiv wurde in den Jahren 1904-08 für Ansichtskarten und Plakate verwendet. Das auf den Plakaten abgedruckte Festprogramm sowie alte Zeitungsartikel und Fotos zeichnen ein lebendiges Bild des Volksfestes dieser Zeit: die Veranstaltungsorte wechselten – wie wohl auch bei den früheren Festen – zwischen Spiegelwiese (heute: Lortzing-/Haberlandstr.), Rieger-Wiese (Waldkolonie an der Maria-Eich-Straße), Ebenböck-Wiese (heute: Bereich um und am Elsa-Brandström-Gymnasium) sowie einer Wiese an der Pippinger Straße. Veranstaltungszeitraum war zwischen Anfang und Mitte September.

Gastronomisch waren die Feste bereits breit aufgestellt: nachgewiesen sind eine Schützenfesthalle, mehrere Hühner- und Wurstbratereien sowie Steckerlfischstände. Bier wurde von regionalen Brauereien wie der Planegger Schlossbrauerei, Löwenbräu und der Brauerei Pasing geliefert. Auch das Angebot an Schaustellern war schon vielfältig: man fand einen Glückshafen mit Spenden von Pasinger Geschäftsleuten, Fahrgeschäfte und Film- sowie Theatervorführungen. Zur körperlichen Ertüchtigung luden ein Reitsportpalast, ein Turnfest und Schießwettbewerbe ein. Pferderennen fanden ebenfalls statt. Zur Tradition wurden “Brillant-Feuerwerke”, die die Besucher erfreuten.

Schon damals war das Thema “Mobilität” aktuell: aus diesem Anlass gab es eine gewerbsmäßige “Fahrradeinstellhalle”, die durchaus Gewinn abzuwerfen schien.

1930 / 1931

1930er-Jahre

1930 konnte das Volksfest trotz großen Widerspruchs im Stadtrat aufgrund der schweren wirtschaftlichen Zeiten mit aufwendigen Werbemaßnahmen seitens der Stadt Pasing stattfinden. “Alle Lebensmittel- und Rauchwarenkioske wurden an Pasinger Geschäfte vergeben. Dagegen war die Vergabe der Bierbuden an Pasinger Wirte nicht möglich, da die Verhandlungen über die Platzgebühr zu keinem Ergebnis führten” (Pasinger Archiv 1992, S.40). Man schloss einen Vertrag mit der Münz-Herberg-Brauerei aus Günzburg, die dann auch das Festzelt mit einer Kapazität von 2000 Personen aufstellte. Die Bierpreise lagen 1930 in Pasing wie heute deutlich unter den Preisen einer Wiesn-Maß (Pasing: 80 Pfennige/Liter –  Oktoberfest: 1,20 Mark). Die immer noch existierende Münz-Brauerei ist seit 2003 regionale Marke der König Ludwig Brauerei, die unsere Vorwiesn seit 2009 mit Getränken beliefert.

Die ortsansässigen Wirte profitierten dennoch auch vom Besucheransturm auf das Volksfest, obwohl sie kein Zelt betreiben konnten: sie lockten viele Fest-Besucher in ihre Biergärten und engagierten extra Blasmusik-Kapellen.

Beim Thema “Mobilität” ging man mit der Zeit: in der Nähe des Festplatzes wurden mittlerweile Autoparkplätze angeboten, die in Ermangelung an Promille-Grenzen und -Kontrollen in Anspruch genommen werden konnten.

1931 konnte wieder ein Pasinger Wirt, Matthias Kölbl vom Steinerbad, das große Festzelt betreiben.

Neben den üblichen Schaustellerbuden waren die auch heute noch auf dem Oktoberfest anzutreffenden Belustigungen wie ein Toboggan und eine Krinoline sowie der berühmte “Schichtl” anzutreffen.

Ein Rad- und Motorradrennen mit Preisgeld hat wie in früheren Jahren offensichtlich auch stattgefunden, ebenso wie ein extra Kinderfest, das auch heute noch in Form des „Kinder- und Familiennachmittages“ immer am Vorwiesn-Samstag traditionsgemäß fortgeführt wird.

Das Volksfest 1931 wurde Anfang September leider von einer großen Unwetter-Katastrophe heimgesucht: Ein Bild der Verwüstung muss sich danach geboten haben: “Fotografien der Katastrophe wurden im Schaukasten der Druckerei Dischner in der Bahnhofstraße gezeigt. Die Marien-Drogerie bot diese Aufnahmen zum Verkauf.” (Pasinger Archiv 1992, S. 43)

1934

Würmgau-Fest

Nachdem 1933 zur Machtergreifung der Nationalsozialisten die Bestrebungen nach einer Eingemeindung Pasings in die “Hauptstadt der Bewegung” immer deutlicher wurden, führte der Stadtmagistrat Pasing das Volksfest als “Würmgau-Fest” durch. Die starke Verbundenheit Pasings mit den Würmtalgemeinden sollte auf diese Weise verdeutlicht werden. Dennoch konnte Pasing der Eingemeindung nichts mehr entgegensetzen und musste 1938 der Stadt München beitreten.

Das Fest umfasste 1934 auch eine Handwerker- sowie eine Blumen- und Gartenbau-Austellung. “Die Nationalsozialisten nutzten die Volksfeste zu Propagandazwecken, dazu gehörte auch die Vorliebe für Fahneneinmärsche und die Beflaggung der Volksfeste und Weihnachtsmärkte.” (https://kulturgut-volksfest.de/enzyklopaedie/volksfeste-im-nationalsozialismus/). Während des Festumzugs wurden propagandagemäß Hakenkreuz-Flaggen aus den Fenstern gehängt und die deutsche Historie durch die Festzugteilnehmer vom Mittelalter über den Schmied von Kochel bis zum aktuellen Stand des Handwerks repräsentiert. Auf dem Münchner Oktoberfest wurde der Bierpreis von Seiten des Regimes ab 1933 zum Wohle des arbeitenden Volkes herabgesetzt. Ob dies auch auf dem Würmgau-Fest der Fall war, ist momentan nicht nachzuvollziehen.

2005

Die erste "Pasinger Vorwiesn" als Fortführung der Volksfest-Tradition in Pasing

Nachdem die Volksfest-Tradition in Pasing zunehmend “einschlief”, wurde im Jahr 1980 noch ein Volksfest am Rande des Viertels zum Stadtteil Aubing durchgeführt. In den Jahren 1989-2007 wurden auf dem Bachbauernhof noch einige “Pasinger Stadtfeste” veranstaltet, die jedoch mit einem Volksfest nicht gleichzusetzen waren.

Als im Jahr 2004 das erste „richtige“ Volksfest auf dem Avenarius-Platz stattfinden sollte, dass die Arbeitsgemeinschaft der Pasinger Vereine e.V. durchführen wollte, wurde es wegen diverser Sicherheitsbedenken kurzfristig doch noch abgesagt.

Im Jahr 2005, rechtzeitig zum 100. Geburtstag der Stadterhebung Pasings 1905 war es dann so weit: im Münchner Wochenanzeiger wurde vermeldet:

“Die Pasinger Vorwiesn findet vom 28. Juli bis 2. August auf dem Festplatz an der Silberdistelstraße statt. Nach den Anlaufschwierigkeiten im vorigen Jahr ist es dem Wiesnrat heuer gelungen, das Volksfest von und für die Pasinger wieder zu beleben – rechtzeitig zum Jubiläum ´100 Jahre Stadterhebung Pasing’ […]. Ein buntes Programm mit zünftiger und moderner Musik erwartet die Besucher, ebenso ein Schaustellerpark für Jung und Alt. Anlässlich des Jubiläums ‘100 Jahre Stadterhebung Pasing’ gibt die Arbeitsgemeinschaft der Pasinger Vereine einen Jubiläumskrug heraus, den man mit oder ohne Zinndeckel bei der Vorwiesn kaufen kann. Außerdem wird das Jubiläum mit einem Festumzug und großem Böllerschießen gefeiert.” – Die Vorwiesn war geboren!

Seitdem findet sie Ende Juli auf der Festwiese an der Silberdistelstraße statt. Lediglich in den Jahren 2020 und 2021 musste sie wegen der Corona-Pandemie ausfallen.

Literaturverzeichnis:

  • Bauer, R. und Bauer, G. (1984): Pasing. Stadt vor der Stadt. Die Entwicklung von 1800 bis 1938. München.
  • Möllmann, B. (2015): Pasing. Vom Dorf zur Stadt zum Stadtteil. München.
  • Möllmann, B. (1996): Bilder vom Alten Pasing. Ansichtskarten aus der Zeit zwischen 1897 und 1938. München.

Zeitschriften:

  • Pasinger Archiv e.V. (Hg) (1992): Bei abnehmendem Mond war’s besonders feucht: Das Pasinger Volksfest.
  • Pasinger Archiv: Fotographische Streiflichter eines Pasinger Jahres, verbunden mit Bildern aus vergangenen Tagen. Band 11, S. 33-45. München.

Internetseiten:

Bilder:

  • Bild 1: aus Möllmann (2015), S. 135.
  • Bild 2: aus Pasinger Archiv (1992): S. 41.
  • Bild 3: aus Bauer & Bauer (1984). S. 148.
  • Bild 4: Erste Vorwiesn 2005. Kultur- und Heimatpflegeverein d`Pasinger.